Schlichtungsordnung bis 30.04.2016

Schlichtungsstelle Bergschaden Nordrhein-Westfalen

Die RAG AG, die RAG Anthrazit Ibbenbüren GmbH sowie die EBV GmbH, handelnd in eigenem Namen und im Namen der Evonik Immobilien GmbH – nachfolgend Bergwerksunternehmen genannt – verpflichten sich zur Beilegung von Streitigkeiten aus Bergschadensersatzansprüchen im Steinkohlerevier in Nordrhein-Westfalen gemäß nachfolgender

Schlichtungsordnung

§ 1 Schlichtungsstelle

  1. Zur Beilegung von einzelfallbezogenen Streitigkeiten zivilrechtlicher Art, die sich im Zusammenhang mit Sachschäden durch Einwirkungen des Steinkohlenbergbaus zwischen Privatpersonen, kleinen und mittleren Handwerks- und Geschäftsbetrieben oder vergleichbaren Personen einerseits und den Bergwerksunternehmen andererseits ergeben, wird eine Schlichtungsstelle eingerichtet.
  2. Die Schlichtungsstelle setzt sich aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern zusammen (Schlichter). Für den Vorsitzenden und jeden Beisitzer wird mindestens ein Stellvertreter bestellt.
  3. Sitz der Schlichtungsstelle ist Essen.

§ 2 Schlichter

  1. Der Vorsitzende und sein(e) Stellvertreter werden gemeinsam durch die Bergwerksunternehmen und die Interessenvertretungen der Betroffenen-Seite bestellt. Der Vorsitzende und sein(e) Stellvertreter müssen die Befähigung zum Richteramt haben.
  2. Ein Beisitzer und sein(e) Stellvertreter werden jeweils von den Interessenvertretungen der Betroffenen-Seite bestellt. Die Interessenvertretungen der Betroffenen-Seite sind:
    – Landesverband der Bergbaubetroffenen NRW
    – Verband bergbaugeschädigter Haus- und Grundeigentümer e.V.
    – Interessengemeinschaft bergbaubeeinträchtigter Haus- und Grundeigentümer e.V.
    – Interessenverband bergbaugeschädigter Immobilienbesitzer e.V.
    Die Geschäftsstelle der Schlichtungsstelle hält für jede Interessenvertretung der Betroffenen-Seite eine Liste von Personen vor, die von Antragstellern als Beisitzer ausgewählt werden können (§ 5 Ziffer 4), und veröffentlicht sie auf geeignete Weise.
  3. Ein Beisitzer und sein(e) Stellvertreter werden von den jeweils betroffenen Bergwerksunternehmen bestellt.
  4. Die Anzahl der für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Schlichtungsstelle erforderlichen Stellvertreter wird zwischen den Bergwerksunternehmen, den Interessenvertretungen der Betroffenen-Seite und dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen abgestimmt.

§ 3 Geschäftsführung

  1. Die Geschäftsführung der Schlichtungsstelle obliegt dem Regionalverband Ruhr (Geschäftsstelle).
  2. Die Geschäftsführung umfasst:
    – Schreib-, Kopierarbeiten, Postdienst und Aktenführung
    – Protokollführung
    – Vorbereitung von Terminen bzw. Entscheidungen im schriftlichen Verfahren
    – Bereitstellung von Sitzungsräumen
    – Terminorganisation
    – Kostenverfolgung
  3. Die Bergwerksunternehmen tragen die Kosten der Geschäftsführung. Einzelheiten werden zwischen den Bergwerksunternehmen und dem Regionalverband Ruhr vereinbart. Eine Erstattung durch andere Verfahrensbeteiligte findet nicht statt.

§ 4 Verfahrensgrundsätze

  1. Die Schlichtungsstelle wird auf Antrag tätig. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags ist, dass eine Einigung zwischen dem Antragsteller und dem jeweiligen Bergwerksunternehmen über die Ursache des Schadens oder den Umfang der Ersatzpflicht nicht erzielt werden konnte.
  2. Die Schlichtungsstelle trifft ihre Entscheidungen auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland. In der Gestaltung des Verfahrens ist die Schlichtungsstelle frei. Das Schlichtungsverfahren ist für den Antragsteller grundsätzlich kostenfrei. Die Schlichtungsstelle kann jedoch in Fällen ihrer missbräuchlichen Anrufung die anteilige Übernahme von Kosten für die Vergütung des von den Interessenvertretungen der Betroffenen-Seite benannten Beisitzers (Stellvertreters) durch den Antragsteller beschließen.
  3. Die Schlichtungsstelle trifft ihre Entscheidungen mit einfacher Mehrheit.
  4. Die Entscheidungen werden in der Regel nach mündlicher Verhandlung unter Beteiligung der Parteien getroffen. In geeigneten Fällen kann der Vorsitzende anordnen, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren getroffen wird. Offensichtlich unzulässige oder unbegründete Anträge können ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden.
  5. Die Schlichtungsstelle kann Beweise, insbesondere durch Augenschein oder Sachverständige, erheben. Die Kosten von Sachverständigen tragen die jeweils betroffenen Bergwerksunternehmen auf Grundlage des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes – JVEG. Bei Streitwerten unter 500 Euro werden keine Sachverständigen beauftragt.
  6. Das Verfahren ist nicht öffentlich.
  7. Der Antragsteller kann eine sach- oder rechtskundige Person zu seiner Begleitung/Unterstützung im Schlichtungsverfahren hinzuziehen. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
  8. Das Schlichtungsverfahren endet grundsätzlich mit der Unterbreitung eines schriftlichen Schlichtungsspruchs durch die Schlichtungsstelle.
    Darüber hinaus endet das Schlichtungsverfahren
    – mit einer Zurückweisung gemäß Ziffer 4 Satz 3, oder
    – Antragsrücknahme, Anerkenntnis oder Vergleich, oder
    – sobald eine Partei gemäß § 8 Ziffer 1 ein ordentliches Gericht anruft oder verbindlich erklärt, dass eine Klärung auf dem ordentlichen Rechtsweg herbeigeführt werden soll.

§ 5 Antragsstellung

  1. Der Schlichtungsantrag wird in Schriftform bei der Geschäftsstelle, Regionalverband Ruhr, Kronprinzenstr. 35, 45128 Essen, eingereicht. Hierzu ist der anliegende Vordruck zu verwenden.
  2. Der Antrag muss enthalten:
    a. die exakte Bezeichnung des Antragstellers, seine Postanschrift und etwaige Bevollmächtigte
    b. die Erklärung, dass die Gültigkeit dieser Schlichtungsordnung in allen Punkten anerkannt wird
    c. die exakte Bezeichnung des betroffenen Grundstücks und der betroffenen Gebäude(-teile)
    d. eine Beschreibung der geltend gemachten Schäden und der daraus hergeleiteten Rechtsansprüche
    e. eine konkrete Formulierung des zur Entscheidung unterbreiteten Antrages, nämlich festzustellen,
    – ob und in welchem Umfang die gem. d) beschriebenen Schäden bergbauliche
    Ursachen haben und/oder
    – ob und ggf. in welchem Umfang hieraus Ansprüche auf Schadensersatz bestehen.
  3. Dem Antrag sind die zur Stützung des Antrages erforderlichen Unterlagen, z. B. Nachweise des Eigentums und sonstige Berechtigungsnachweise (einschließlich Zustimmung etwaiger Grundpfandrechtsgläubiger), Lagepläne, Vorgutachten, Schadensdokumentationen, Vorkorrespondenz etc. beizufügen.
  4. Im Antrag ist mitzuteilen, welcher Beisitzer / Stellvertreter von den Interessenvertretungen der Betroffenen-Seite im Schlichtungsverfahren mitwirken soll.

§ 6 Verfahrensgang

  1. Die Geschäftsstelle leitet den Antrag unverzüglich und ohne inhaltliche Prüfung dem Vorsitzenden und den Beisitzern zu und informiert das jeweilige Bergwerksunternehmen über den Antrag, verbunden mit der Aufforderung, binnen einer Frist von zwei Wochen mitzuteilen, ob einem Schlichtungsverfahren zugestimmt wird.
  2. Sämtliche Entscheidungen der Schlichtungsstelle ergehen in Schriftform bzw. werden von der Geschäftsstelle protokolliert und von den Schlichtern unterzeichnet.

§ 7 Vergütung der Schlichter

  1. Die Vergütung des Vorsitzenden (Stellvertreters) erfolgt durch das jeweilige Bergwerksunternehmen.
  2. Die Vergütung einschließlich Auslagenerstattung des von dem jeweiligen Bergwerksunternehmen benannten Beisitzers (Stellvertreters) erfolgt durch dieses.
  3. Die Vergütung des von den Interessenvertretungen der Betroffenen-Seite benannten Beisitzers (Stellvertreters) erfolgt ebenfalls durch das jeweilige Bergwerksunternehmen. Ihre Höhe bestimmt sich im Einzelfall nach dem Zeitaufwand für die Teilnahme an den Sitzungen der Schlichtungsstelle und deren Vorbereitung mit einem Pauschalbetrag in Höhe von 50 Euro/Stunde bis zu einer Gesamtvergütung von höchstens 500 Euro. Mit dieser pauschalen Vergütung ist jeglicher Aufwand des Beisitzers (Stellvertreters) abgegolten. In Fällen ihrer missbräuchlichen Anrufung (§ 4 Ziffer 2 Satz 4) entscheidet die Schlichtungsstelle über eine anteilige Kostentragung des Antragstellers für die Vergütung des Beisitzers (Stellvertreters) im Rahmen ihrer Entscheidung über die Beendigung des Schlichtungsverfahrens gemäß § 4 Ziffer 8 Satz 2.

§ 8 Rechtsweg, Verjährung

  1. Der ordentliche Rechtsweg wird durch die Einleitung des Schlichtungsverfahrens nicht ausgeschlossen.
  2. Ab Eingang des Schlichtungsantrages bei der Geschäftsstelle ist die Verjährung etwaiger Bergschadensersatzansprüche gehemmt. Die Hemmung der Verjährung endet einen Monat nach Zugang der abschließenden Entscheidung der Schlichtungsstelle beim Antragsteller.